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Die Fantastischen Vier – Heimspiel

Die Fantastischen Vier sind in der deutschen Musikszene auch nach 20 Jahren Bandgeschichte eine Rarität. Während Sido oder Bushido als Möchtegern-Gangsterrapper in bester Tradition von Moses P. stehen, ist es den vier Mittelstand-Jungs Smudo, Thomas D., Michi Beck und And. Ypsilon gelungen, eine eigene Rap-Kultur in Deutschland zu kreieren. Anstatt über vermeintliche Ghettos in deutschen Großstädten zu singen, zelebrieren die vier Wortkünstler ironische Texte von feinster Güte.

„Heimspiel“ ist ein Live-Album, das am 25. Juli 2009 auf der Cannstatter Wasen zusammen mit dem Orchester der berühmten Bolschoi-Oper aufgenommen worden ist. Die bekannten Hits erklingen in neuen Arrangements und wirken dabei erstaunlich frisch. Selbst „Die da“, der erste Hit, könnte auch heute noch die Charts erobern. Durch die 60.000 Besucher entsteht eine prickelnde Atmosphäre, die von den vier Protagonisten begierig aufgesaugt wird. „Heimspiel“ ist auch technisch sehr gut gelungen. Das führt gerade bei älteren Songs zu der einen oder anderen Offenbarung. Den limitierten Möglichkeiten am Anfang der Karriere steht eine moderne und opulente Produktion gegenüber.

Auf drei CDs sind Songs wie „Was geht“, „Beweg deinen Popo“, „Fornika“, „Tag am Meer“ oder „Populär“ zu finden. Wer sich einen Überblick über das Schaffen der Band verschaffen will, sollte sich „Heimspiel“ kaufen. Für Fans ist diese Veröffentlichung ohnehin ein Muss. Nicht viele Bands klingen nach 20 Jahren noch so überzeugend.

Wie bei jeder guten Best-of-CD lässt sich auch auf „Heimspiel“ die musikalische Entwicklung feststellen. Die eher spaßigen Texte der frühen Jahre wurden mit der Zeit mit Tiefsinnigkeit und Komplexität angereichert. Beeindruckend ist dabei, dass die einzelnen Bandmitglieder auch innerhalb der Gruppe ihre Eigenständigkeit behalten haben. Das ist keineswegs selbstverständlich, erklärt aber auch, warum es Die Fantastischen Vier noch immer gibt. Trotz einiger Soloprojekte kommen die Protagonisten immer wieder zusammen, um gemeinsam zu musizieren.

Oft unterschätzt wird And. Ypsilon, der als Produzent das einzige Bandmitglied ist, das keinen stimmlichen Beitrag leistet. Die perfekten Arrangements und der eingängige Sound der Fantastischen Vier wären jedoch ohne den geschmackssicheren Produzenten kaum möglich. Das wird auch auf „Heimspiel“ deutlich. Wie schwer es ist, Rapper mit einem eigenständigen Sound zu begleiten, zeigen die vielen missglückten Versuche, die regelmäßig veröffentlicht werden. Die angenehm unaufdringlichen Arrangements unterstreichen stets die Stimmen und sind im besten Sinne songdienlich.

„Heimspiel“ ist eine Zwischenbilanz, die hoffentlich auch als Basis für eine zweite Karrierehälfte genutzt wird. Die Fantastischen Vier sind noch lange nicht am Ende und werden auch in Zukunft eine Teil der deutschen Musikkultur sein.

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