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Rammstein – Liebe ist für alle da

Rammstein ist eine der wenigen Bands, die auch außerhalb Deutschlands und sogar in den USA mit deutschen Texten Erfolg haben. Das liegt zweifellos auch daran, dass Rammstein einen recht ungenierten Umgang mit der im Dritten Reich entstandenen Riefenstahl-Ästhetik pflegt. Doch vor allem ist Rammstein eine exzellente Live-Band, die mit spektakulären Bühnenshows zu begeistern weiß.

In Interviews zur Veröffentlichung von „Liebe ist für alle da“ gaben die Bandmitglieder mehr oder weniger offen zu, dass sie gerne die Rolle der bösen Buben der Musikszene spielen. Dazu passt auch das vorab veröffentliche Video zum Titelsong, das als unzensierter Pornoclip zu einem Renner im Internet wurde. Die kalkulierte Provokation bleibt das wichtigste Ziel von Rammstein. Warum sollte man auch ein bewährtes Marketingrezept aufgeben?

Die Texte sind so sinnfrei wie belanglos. Aber sie haben eine eigene Poesie, die sie sofort identifizierbar machen. Das ist eine Qualität, die nicht viele Bands haben. Zusammen mit der kernigen Stimme von Till Lindemann wird daraus ein wiedererkennbares Produkt. Warum aber der Inhalt so flach sein muss, erschließt sich nicht unbedingt. Wenn im Titelsong „You have a pussy / I have a dick / So what’s the problem / Let’s do it quick“ intoniert wird, unterschreitet das mühelos das Niveau jedes Billig-Pornos. Vielleicht ist das ein bewusstes Kalkül, vielleicht kann Rammstein es aber auch nicht besser.

Alle Songs sind mehr oder weniger gut gelungen. In „Waidmanns Heil“ werden die Jagd und das Töten von Tieren zelebriert. Damit hat diese Nummer das Potential zum Hasslied aller Tierschützer zu werden. „Haifisch“ hingegen ist eine typische, sinnfreie Rammstein-Hymne, die aber musikalisch sehr gut funktioniert. Geschickt werden dabei Satzfetzen so zusammengebaut, dass sie auf keinen Fall eindeutig werden. Die inhaltsleere Ästhetik ist bewusst gewollt.

Leider bietet „Liebe für alles“ keine Überraschung. In vielen Momenten hört es sich fast so an, als ob Rammstein zur eigenen Parodie geworden ist. Eine musikalische Entwicklung ist nicht zu verzeichnen. Es werden die bekannten Ingredienzien zu einer erprobten Mischung zusammengerührt. Das wird bei Rammstein-Fans zweifellos funktionieren und vielleicht gibt es auch den einen oder anderen Charterfolg.

Provokationen funktionieren auf Dauer nur, wenn dahinter auch eine Haltung zum Vorschein kommt. Rammstein hat aber keine Haltung zu bieten. Die Band will laut sein, auffallen und schöne Bilder mit lauter Musik mischen. Das ist legitim, aber auf Dauer zu wenig. Wer drei Jahre für ein Album benötigt, sollte wenigstens den Anschein des Neuen erwecken. Aber selbst das gelingt nicht.

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