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Mark Knopfler – Get Lucky

Mark Knopfler könnte sich gemütlich in seinen Schaukelstuhl setzen oder die Tantiemen der ungefähr 120 Millionen verkauften CDs verprassen. Dass er dennoch ein Album auf den Markt bringt, zeigt schon, dass es sich um einen Getriebenen handelt.

Der Musiker Mark Knopfler verfügt über ein überragendes Talent als Songwriter. Zudem ist er in der Lage, geschmackvolle Arrangements zu gestalten, die stets den Kern des Stücks freilegen. Völlig überschätzt sind hingegen seine Fähigkeiten als Gitarrist. Er beherrscht sein Instrument und hat einen eigenen Stil entwickelt. Aber im Vergleich mit großen Gitarrenhelden wie Jimi Hendrix oder Eddie van Halen fällt er doch deutlich ab.

„Get lucky“ beweist, dass Knopfler seine eigenen Stärken ebenfalls nicht im Gitarrenspiel sieht. Zwar klingen die vertrauten Laute in vielen Songs, aber „Get lucky“ ist keinesfalls ein Gitarrenalbum. Schon die Querflöte, die das erste Stück „Border Reiver“ einleitet, weist diesbezüglich den Weg. Langsam gesellen sich die anderen Instrumente hinzu und erst spät erklingt eine Akustikgitarre, die jedoch nur als Rhythmusinstrument dienen darf. Dafür übernimmt Knopflers Stimme eine Hauptrolle. Die sanft genuschelten Songtexte waren schon das wichtigste Markenzeichen der Dire Straits.

Mark Knopfler ist es mit „Get Lucky“ ein weiteres Mal gelungen, ein eigenständiges Soloalbum zu kreieren. Es gibt nicht viele Sänger, die sich bei ihren eigenen Stücken so markant von der ehemaligen Band abgrenzen können, ohne deren Existenz zu verleugnen. Entspannte Songs wie „Hard Shoulder“ und „Before Gas“ werden mit dezenten Folkelementen zu einem Gegenprogramm der spaßigen Dire-Straits-Nummern.

In „So far from the Clyde“ kommt schließlich die E-Gitarre ausgiebig zum Einsatz. Doch der Ton ist ganz anders als bei den Dire Straits. Die klaren Höhen sind einem schwermütigen, fast dumpfen Klang gewichen. Dem virtuosen Knopfler gelingen melancholische Melodien, die noch lange im Ohr bleiben werden.

„Get lucky“ ist ein reifes Album, das einen abgeklärten Mark Knopfler auf der Höhe seines Schaffens zeigt. Ein würdiges Spätwerk eines Ausnahmekünstlers, das einmal mehr die Klasse dieses großartigen Musikers beweist. Besonders bemerkenswert ist, dass es keine Schwachstelle gibt. Alle Songs funktionieren und bilden ein stimmiges Ganzes. Vielleicht sollten sich andere Künstler an der selbst auferlegten Beschränkung von elf Stücken ein Beispiel nehmen. Nach dem Hören des Albums kommt fast zwangsläufig Sehnsucht nach mehr auf. Das ist vielleicht das schönste Kompliment, das ein Hörer einem Musiker machen kann. Man darf gespannt sein auf die nächsten Projekte von Mark Knopfler, der schon lange mehr ist als „nur“ der ehemalige Sänger und Gitarrist der Dire Straits.

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